Der neue Mensch

Die Menschheit hat viele dramatische Revolutionen des Verständnisses durchlaufen.

Es gab grosse Sprünge und plötzliche Befreiungen von althergebrachten Begrenzungen.

Man entdeckte den Gebrauch des Feuers und des Rades, der Sprache und der Schrift.

Wir lernten miteinander zu kommunizieren, zu fliegen, zu erforschen und miteinander zu leben.

Diese Innovationen, waren "Paradigmenwechsel" - plötzliche, neue Denkweisen hinsichtlich lang bekannter Probleme. Wirklicher Fortschritt, in Bezug auf das Verständniß der Natur, geschieht selten im Sinne einer Zunahme des Begriffenem. Alle wichtigen Fortschritte sind plötzliche Intuitionen, neue Prinzipien, neuartige Sichtweisen - doch beinhaltet jeder Wechsel, das Alte anfangs als eine Art Teil-Wahrheit in sich, als einen Aspekt dessen, wie die Dinge funktionieren, während es zugleich erlaubt, dass sich die Dinge genauso auf gänzlich andere Weise verhalten können. So mag eine neue Idee anfangs noch bizarr, bekannt, unverständlich oder verschwommen erscheinen, jedoch nur weil der Entdecker einen intuitiven Sprung vollzogen hat, während ihm noch nicht alle benötigten Gedankengänge zur Verfügung standen. So wird in beinahe jedem Fall, ein neuer Gedankenrahmen mit Kühle, Hohn oder gar Feindseligkeit empfangen. Im schlimmsten aller Fälle wird er als Ketzerei beschimpft. Hierin zeigt sich die Schwierigkeit dieses Wechsels, denn er besteht darin, dass man das Neue nicht annehmen kann, solange man das Alte nicht loslassen kann. Denn eine neue Perspektive verlangt einen derart raschen Wechsel, das etablierte Menschen selten mitziehen, da bei jenen die erfolgreich mit der alten Sichtweise gearbeitet haben, eine sehr extreme emotionale Bindung bestehen bleibt. Der Einfluss eines neuen Paradigmas, welcher als plötzliche Intuition beginnt, wird mit der Zeit aber immer grösser. Eine neue Generation erkennt seine Kraft und Stärke. Zu dem Zeitpunkt wo eine bestimmte Anzahl von Denkern, die neue Idee akzeptiert haben, hat ein kollektiver Paradigmenwechsel stattgefunden. Genug Menschen haben die neue Perspektive begriffen oder sind mit ihr aufgewachsen, um einen Konsens zu bilden der nun als neue Wahrheit gilt.

Doch macht sich die Historie ihre Revolutionen, seien sie kultureller oder philosophisch-wissenschaftlicher Natur, so gefügig das der Sprung nie richtig erkannt wird.

Das hat zur Folge das jeder wahren Revolution, eine zu grosse kulturelle Krise oder kollektive Depression voran gehen muss. So haben wir es geschafft in einem Jahrhundert, Wohlstand mit materiellem Konsum gleich zu stellen, wir haben die Arbeitswelt verunmenschlicht und fühlen uns unbehaglich in Bezug auf unsere Wahrnehmungs- und kommunikationsfähigkeit. Unsere Regierungen sind komplex und verantwortungslos, unser Wolfahrtssystem bricht unter jeder stärkeren Belastung zusammen. Doch ein Verrat an der Natur macht unsere Zeit einmalig - erstmals in der bekannten Geschichte der Menschheit, sind wir auf ein Instrument der Zerstörung gestossen, welches in seiner Grösse absolut ist.

So stellt sich die Frage:

Kann es einen Umschwung des Geistes geben ohne das Bedürfniss, auf das Fieber der Krise warten zu müssen ?

Ja.

Ja, in dem Sinne, das die Lösung eines Problems nicht in der Ebene zu finden ist, in dem sich das Problem ergibt. Denn die Dinge die uns das Umherirren am Rand des Abgrundes beschert haben, bergen in sich nicht den Samen der Vision die den Menschen neu untersucht, neu formuliert und neu gestalten kann.

Es ist erst die Abkehr von dem alten Menschen, welches uns die neue Hoffnung beschert.

Die Hoffnung welche uns als Verwalter all unserer inneren wie äusseren Reichtümer sieht, welche uns als autonome Individuen in einer dezentralisierten Gesellschaft unterstützt; welche bestimmt dass wir keine Opfer und keine Pfandobjekte sind - die Hoffnung welche sagt das wir durch keine Bedingungen oder Konditionierungen begrenzt sind.

Die Hoffnung neue Menschen zu werden.

Doch haben wir spürbar Angst davor diesen Hoffnungen Platz zu machen. Unsere Ängste sind unsere sicheren Begrenzungen, denn mit der Zeit lernen wir uns mit diesen Schranken zu identifizieren. Wenn wir jedoch den Mut haben, unsere Zweifel und unsere Lossagung von diesen Schranken offen einzugestehen, so wie dessen Unvollständigkeit, wackelige Strukturen und Fehler freizulegen, so können wir sie nieder reissen. Wir müssen nicht darauf warten, dass sie über uns zusammenbrechen.

Neue Perspektiven bergen neue Zeitalter.

Der neue Mensch sei weder gut noch schlecht.

Er soll nur zu sich selbst finden.